Wahrscheinlich war es für dich keine leichte Entscheidung als Partnerin einer nun transsexuellen Frau, ihre Transition ( Geschlechtsangleichung ) zu bejahen und sie darin zu begleiten. Mit "bejahen" meine ich nicht, daß jemand diese Zustimmung bräuchte - sondern das Bejahen dessen, was ist.
Zu sagen, "ja, ich sehe, es gibt für dich keinen anderen Weg als geschlechtsangleichende Maßnahmen ( wie weit diese auch immer gehen, mal dahin gestellt ) ist eine Sache.
Dann auch sich dafür zu entscheiden, diesen Weg zu begleiten, ist noch einmal eine ganz andere. Denn nur weil du einem anderen Menschen seinen Weg lassen kannst, bedeutet dies nicht automatisch im Umkehrschluß, Teil davon bleiben zu wollen - oder gar zu sollen. Also die Beziehung weiter führen zu können mit all den Konsequenzen, die damit einhergehen.
Allein bis zu diesem Schritt ist schon eine Menge passiert. Gedanken wie "was werden die anderen ( Freunde, Familie, berufliches Umfeld, etc. ) sagen“, können euch beide in inneren Aufruhr bringen. Verschiedene Ängste bis hin zu Existenzängsten können Thema gewesen sein und ein großes Gedankenkino angeschoben haben.
Vermutlich gibt es immer noch Situationen, die sehr belastend und beängstigend sein können. Sicher muß man sehr viel gegeneinander abwägen und welche Schritte man wie oder in welchem Tempo geht. Leider gibt es keine Garantie, daß alle anderen im Umfeld ( Familie, Freunde, Arbeitgeber und berufliche Kontakte ) mit einer transsexuellen Frau freundlich umgehen.
Alle sind herausgefordert, einen eigenen Weg damit zu finden. Diesen muß man allen lassen können, auch daß vielleicht gute Freunde sich abwenden, weil es für ihren intellektuellen Verstand schlicht zu viel ist.
Trotzdem bewahrt es niemanden vor den Konsequenzen, daß alle Betroffenen mit ihnen leben müssen. Es gibt plötzlich Umstände, mit denen niemand hat rechnen können.
Dieses Schreckensszenario haben wohl die meisten vor Augen - doch recht viele machen positive Erfahrungen. Mütter freuen sich oft dann über die Tochter, die sie sich früher heimlich wünschten.
Die Beziehung zu Schwestern und Brüdern wird auf einmal wieder besser. Denn sie haben unbewusst gespürt, daß "etwas nicht stimmt" doch konnten sie es nicht benennen. Sogar die Paarbeziehung kann sich verbessern und vertiefen. Erleichterung, daß es keine Geheimnisse mehr gibt, kann Gespräche vereinfachen.
Regional unterschiedlich verbreitet sind Beratungsstellen, die auch Gesprächsabende für Angehörige oder gemischte Gruppen anbieten, an denen auch die transsexuellen Partner teilnehmen. Gemischte Gruppen sind besser als keine Gesprächsmöglichkeit. Allerdings kann eine Partnerin sich so intim berührt fühlen, daß ein Gespräch ohne die Transpartnerin vertrauensvoller erfahren wird.
Jeder betroffenen, begleitenden Partnerin empfehle ich, sich Hilfe zu holen, denn ein solches Päckchen muß niemand alleine tragen. Dieser Weg kann in einer Beziehung, in einer Familie alle verändern.
Auch Freunde werden zum Nachdenken gebracht und manche Freunde schaffen das Umdenken nicht, verabschieden sich.
Auch dies gehört ins Leben und nicht nur rund um Transsexualität.
Sie ist auch nicht das Einzige, was eine Krise heraufbeschwören kann. Darin ist jedoch eine kleine Besonderheit. Transidentität vermag es in einer Beziehung die Teppichkante hochzuziehen, wie kaum ein anderer Schicksalsschlag es heutzutage vermag. Sie vermag es, jeden einzelnen Stein konsequent umzudrehen und kann alles an die Oberfläche bringen, was sich bis zu diesem Zeitpunkt noch irgendwie deckeln oder verdrängen ließ.
Auch vor sich selbst und den eigenen Problemen weglaufen, hört auf zu funktionieren. Jedes Konfliktpotential einer Beziehung kommt zum Vorschein. Die Frage, die sich aufdrängt, was machst du aus dieser Situation als betroffene Partnerin ?
Eine Trennung kann wirklich für alle Beteiligten die freundlichste Entscheidung sein. Muß es aber nicht. Erst einmal sich näher beraten zu lassen und hinzuschauen, was gerade bei dir und deiner transsexuellen Partnerin passiert, kann in den ersten Schritten ganz stark helfen.
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